von Timo Roller
Der Berg Cudi Dagh im Südosten der Türkei: Hier hat die Menschheit nach den Ausführungen in meinem 2014 erschienenen Buch »Das Rätsel der Arche Noah« ihren Neuanfang genommen. Hier sind nach biblischem Zeugnis Menschen und Tiere aus der Arche gestiegen, in dieser Gegend liegen auch nach den Erkenntnissen der Wissenschaft die Ursprünge der Geschichte. Im Oktober 2025 unternahm ich meinen zweiten Versuch, den Gipfel des Cudi Dagh zu erreichen.
Dieses Gebirge wurde im Laufe der Jahrhunderte erobert, geplündert, vergöttert, beschossen. Hier hat sich Assyrerkönig Sanherib in Stein meißeln lassen, über dieses Gebirge sind Xenophons 10.000 geflüchtet. Auf dem Gipfel wurde einst ein Kloster errichtet, das später niedergebrannt ist, hierher sind Tausende gepilgert und hier haben sich in den letzten Jahrzehnten Guerillakämpfer verschanzt.
»Schlechte Nachrichten« gab es an diesem Berg für mich persönlich im Jahr 2013, als ich hier war zum ersten Noah-und-Berg-Cudi-Symposium. Wir wollten den Landeplatz der Arche Noah auf dem Gipfel des Cudi Dagh aufsuchen. In meinem Buch beschrieb ich damals die Ereignisse:
Alles war vorbereitet, die Kamera bereit, die Wanderstiefel geschnürt – und nach einem Blick aus dem Fenster zum Gipfel hinüber ging es um 6.30 Uhr zum Frühstück. Dort kam der Organisator und Dolmetscher Mehmet zu uns mit »bad news«: Es würde nichts werden mit dem Hubschrauber, auch die Tour mit den Autos sei nicht möglich, man könne keine Verantwortung für uns Ausländer übernehmen. Es sei uns aber freigestellt, auf eigene Faust unser Glück zu versuchen.
Wir versuchten umgehend, unsere einheimischen Freunde zu erreichen, und parallel dazu, an Mietwagen oder freiwillige Fahrer heranzukommen. Manche der Freunde waren nicht erreichbar, einer von ihnen sprach dann von Polizei, die heute unterwegs sei. Auch ich hatte heute Morgen gepanzerte Fahrzeuge auf der Straße unterhalb des Hotels gesehen, jedoch nicht zum ersten Mal. Sicherheitsleute in Zivil waren ins Hotel gekommen und schrieben unsere Namen auf. Ein amerikanischer Archäologe, der in der Türkei arbeitet und zu unserem Team gehörte, telefonierte herum. Schließlich kam er zu uns, die wir in einer Sitzgruppe in der Lobby warteten. Erneut »bad news«: Es sei nichts möglich heute – und morgen auch nicht.
Zwölf Jahre später habe ich es nun wieder versucht – nachdem ein Besuch 2021 bei einem zweiten Symposium coronabedingt nur virtuell stattfinden konnte. Diesmal standen die Vorzeichen sehr günstig, erst wenige Wochen zuvor hatte ein großes Festival auf dem Berg stattgefunden, es waren Straßen und Parkplätze gebaut worden, der Grundstein für ein Gebetshaus wurde errichtet – und es schien, als könne der traditionelle Arche-Landeplatz »Sefine« ein bedeutendes und leicht zu erreichendes Ausflugs- und Pilgerziel werden.
Der Versuch war gewagt, aber er gelang: Ich hatte mich zu einem offiziellen Symposium der Universität Sirnak beworben, das auf den ersten Blick überhaupt nichts mit dem Berg Cudi zu tun hatte: Es sollte um die drei Ibn-Al-Athir-Brüder gehen, muslimische Gelehrte des Mittelalters, die aus der Stadt Cizre am Fuße des Arche-Bergs stammten. Ich hatte in meiner Einreichung den Assyrerkönig Sanherib, dessen Felsreliefs am Cudi Dagh zu finden sind, als »kulturhistorischen Zwilling« von Ali Ibn al-Athir vorgestellt – und wurde zum Symposium eingeladen.
Alles lief zunächst reibungslos, ein Forscherkollege aus Chicago war ebenfalls mit dabei. Als dann am Freitag, dem 10. Oktober, morgens Termine mit offiziellen Personen stattfinden konnten, die sich für eine Zugangsgenehmigung sogar zu den assyrischen Felsreliefs am Fuße des Bergs einsetzen wollten, schienen die Wege gebahnt für einen vollen Erfolg: Am Samstag ein Trip zum Cudi-Gipfel mit dem offiziellen Ausflugsprogramm des Symposiums, am Sonntag dann eine Forschungsexpedition in kleinem Rahmen zu den Reliefs Sanheribs, die noch einige Geheimnisse bergen.
Was genau hinter den Kulissen passierte, blieb unklar – und es scheint, dass dies die Gegend in besonderer Weise charakterisiert: der Nebel des Unklaren! Während der Abschluss-Session des Symposiums kamen per WhatsApp die ersten schlechten Nachrichten: Es könne keine Genehmigung für eine Kleingruppe erteilt werden. Während des Abendessens erklärte dann unsere Dolmetscherin: »Bad News« – leider müsse »aus Sicherheitsgründen« auch das offizielle Ausflugsprogramm abgeändert werden. Es werde nur eine Besichtigung der Stadt Cizre mit Kulturprogramm geben.
Berg der schlechten Nachrichten – Bad News im Déjà-vu!
Die Reise war trotzdem sehr eindrücklich und ich würde sie im Nachhinein als »erfolgreich« bezeichnen: Ich konnte viele interessante Orte besichtigen, hatte wertvolle Begegnungen und sammelte einzigartiges Bildmaterial.
Mein Fazit: Dieser Berg, der Cudi Dagh, muss im Fokus bleiben für alle, die sich fragen, was die tatsächliche Geschichte hinter der Sintflut ist. Ob in der Bibel, im Koran oder in der reichen mesopotamischen Überlieferung: Die Erzählung von Noah und seiner Arche scheint kein bloßes Märchen zu sein. Und alle Zeichen, die auf einen historischen Hintergrund hinweisen, deuten in diese Gegend, auf das Cudi-Massiv zwischen Cizre und Sirnak, nahe der Grenze zum Irak und zu Syrien. Die Erforschung dieses faszinierenden Ortes muss – in welcher Weise auch immer – weitergehen!
Zukünftige Updates (wie z.B. das Paper zum Vortrag über Ibn al-Athir und König Sanherib) und Kontaktinfos gibt es auf diesen Seiten.