War die Arche Noah rund? (Vorschau)

Keilschriften beschreiben alternative Schiffsformen

27.9.2018

Vor einigen Jahren hat der Assyrologe Irving Finkel eine Keilschrifttafel entdeckt, die den Bau der Arche beschreibt. Darauf sei ihre Form und Struktur als überdimensionales rundes Korbboot beschrieben. War die Arche in Wirklichkeit rund?

Eine Abwandlung der bekannten Playmobil-Arche im Stile von Irving Finkels Nachbau :-)

Aus der Bibel ist seit Jahrhunderten bekannt, wie die Arche ausgesehen hat: »Mache dir einen Kasten von Tannenholz (wörtlich: Goferholz) und mache Kammern darin und verpiche ihn mit Pech innen und außen. Und mache ihn so: Dreihundert Ellen sei die Länge, fünfzig Ellen die Breite und dreißig Ellen die Höhe. Ein Fenster sollst du für den Kasten machen obenan, eine Elle groß. Die Tür sollst du mitten in seine Seite setzen. Und er soll drei Stockwerke haben, eines unten, das zweite in der Mitte, das dritte oben.« (1. Mose 6,14-16, Lutherübersetzung 2017)

Die Bibel beschreibt die Arche als einen rechteckigen Kasten mit einer Länge von 150 Metern, einer Breite von 25 und einer Höhe von 15 Metern. Ungefähr zumindest, es gab im Altertum unterschiedliche Ellenmaße. Während heutige Bilder der Arche oft eine Nußschale zeigen, bei der die Giraffen über das Deck hinausschauen, waren frühere Darstellungen – zum Beispiel in alten Bibeln – oft sehr stark dem Realismus verpflichtet und setzten die Vorstellung einer tatsächlich existierenden Arche um.

1872 sorgte George Smith weltweit für Schlagzeilen, als er das mesopotamische Gilgamesch-Epos übersetzte und erstaunt feststellte, dass es eine Sintfluterzählung enthält, die faszinierende Parallelen zum biblischen Bericht aufweist. Allerdings war dort von einer ganz anderen Form der Arche die Rede: Einem Würfel mit 120 Ellen (ca. 60 Metern) Kantenlänge.

Vor wenigen Jahren schickte der bekannte britische Assyrologe Irving Finkel eine ganz neue Arche-Form ins Rennen: Das Gefährt sei rund gewesen. Dies wird in einer neu entdeckten Keilschrift-Tafel beschrieben, der sogenannten »Arche-Tafel«. Sie wird auf 1750 v. Chr. datiert und wäre damit rund 1000 Jahre älter als die sogenannte 12-Tafel-Version des Gilgamesch-Epos, die die Angaben zur Würfel-Form enthält. Älteren Fragmente des Epos fehlt die entsprechende Passage und so ist nun ein überdimensioniertes rundes Korbboot – Coracle (walisisch) oder Guffa (arabisch) genannt – die angeblich älteste Beschreibung der Form der Arche.

Bildzitat: So stellen sich Irving Finkel und sein Illustrator Dylan Giles das historische Vorbild der Arche vor (im Buch »The Lifeboat that saved the World«.

Die wichtigsten Passagen der Arche-Tafel lauten:

»Atrachasis, achte auf meinen Rat, damit Du für immer leben mögest! Zerstöre das Haus, baue ein Boot! Verschmähe Besitztümer und rette Leben! … Ziehe das Boot, das du errichten wirst, auf einem kreisförmigen Plan auf. Lass die Länge und Breite gleich sein. … Die Grundfläche wird einen Morgen [eine iku-Fläche] groß sein, die Seiten 7 Meter hoch. … Erinnere dich: Viele Male hast du Seile und Schilf für den Bootbau gesehen. Jemand anderer kann für dich die Seile flechten. Du wirst exakt 527 Kilometer Seil brauchen.«

Dankbar nahm die Presse die Botschaft einer runden Arche auf. Die »Welt« schrieb beispielsweise Anfang 2014 in einem Artikel: »Wer [bei der Arche] an ein Schiff mit einem zugespitzten Bug denkt oder auch an eine Art Kasten, wie es biblische Texte beschreiben, der irrt. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass die Arche Noah – oder ihr Vorbild – rund war.«

In welcher Weise Irving Finkel diese runde Arche in der Praxis getestet hat, wie er die Entwicklung der »Arche-Idee« interpretiert und wie das ganze im Kontext einer bibelgemäßen Weltsicht zu verstehen sein könnte, beschreibt mein ausführlicher Artikel, der demnächst in der Zeitschrift »Factum« veröffentlicht wird. Und sicher auch irgendwann online … Falls Sie an einer vorläufigen Version des Artikels interessiert sind, nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.

 

 

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